Mittwoch, 24. März 2010
Die Würde des Menschen ist antastbar


Das Unglück im Herzen und den Fusel im Kopf, schreite ich hurtig voran. Folge der Spur der Lumpensammler, der Müllschlucker, der Kippenaufleser, und auch die der wehmütigen Wermutbrüder. Folge mir selbst. Wanke rastlos voran, in meinem heiligen Lebertran. Ich bin die untergegangene Hoffnung dieser Welt. Ich bin der Tetradrecksack der Wegwerfgesellschaft. Trunken entsteige ich gärenden Fruchtblasen, Weinschaum ums Maul. Sturzgeburtbesoffen plane ich meine Wiedergeburt auf der Basis von Flaschenpfand und gesammelten Kronkorkenkronen, die mir die Würde ersetzen sollen. Der aufgehende Mond ist meine wärmende Säufersonne, und der Dromeda Nebel mein geheimes Flaschenversteck. Herr, vergib mir mein Debit, die Zeche zahle ich selbst. Ich lobe dich Vater, der du mich pfandfrei geboren hast, dank der Kraft deiner Leber, und des heiligen Spiritus in deinen Flaschen. In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen.
Ich schreite voran, immer dem Untergang entgegen. Sommers lebe ich in Parks, im Frühjahr und Herbst in leeren Friedhofshallen, und im Winter auf Warmluftschächten der Glitzerwelt. Einen Bettelstab brauch ich schon lange nicht mehr. Der ausgestreckte Arm ist noch nicht verkümmert, und wenn, schnitz ich mir einen neuen aus hartem deutschen Eichenlaub. Ich führe einen verhungerten Köter mit mir, um noch mehr Mitleid zu erpressen. Am Halsband trägt er einen alten Faschingsorden.
Danke für die milde Gaben. Gebt Futter für die Armen, Stroh für die Obdachlosen. Tiere sind in Not. Spendet für das Winterquartier. Habe Hunger trotz kiloschwerer Magengeschwüre und einer verfetteter Säuferleber. Ein Euro gegen die Dürre in mir. Die Würde des Menschen ist antastbar. Sie zu achten und ungeschützt zu hinterlassen, ist Verpflichtung meiner unseligen Gestalt. Neulich habe ich trotzdem im Glücksrad gewonnen. Einen Bodenstaubsauger und einen Backautomat. Die habe ich gegen ein Himmelreich aus Wehmutflaschen eingetauscht. Der Rest ist für eine Höllenfahrt in mein Sackgassenleben.
Ich bin auf dem Sprung und stolpere mutig voran, meiner neuen Heimat entgegen. Aus den Müllcontainern hinterm Güterbahnhof, an den Nizzaanlagen vorbei, immer weiter nach Osten. Dort wo die Säufersonne aufgeht, und sich sturzbetrunken in den Tag erbricht. Auf dem Main dümpeln Trauergondeln, an den Rudern ertrunkene Gondoliere. Aus der Stadt wehen Sirenengesänge herüber. Meine bettelnde Hand zeigt mir den Weg, mein Durst pflügt eine Schneise. Narren und Gaukler sind unterwegs, und ich lallend und vollgepisst mittendrin. Ich bin der Zauberer unter den Gebenedeiten, der aus Wasser Wein machen kann. Ich stürze mich auf die Weingummis, die funkelnde Mariechen von den Prunkwagen werfen. Mir ist es egal, ob ich mir meinen Rausch auch anfressen kann, man muss alles ausprobieren. Am Aschermittwoch verlöscht das Freibier, und Bierleichen werden durch die Gassen treiben, dann ist es vielleicht zu spät, noch einen Platz in der Hölle zu finden.
Oh, du mein Morbus Frankonovurd. Gepriesen seist du, Krankheit der Neuzeit. Gebenedeit sei der aufgeblähte Leib deiner Glaspaläste, deine Wortbruchhallen am Römerberg. Und auch das eilige höhnische deutsche Reich am Paulsplatz sei geehrt, auf dem bußfertige Barfüßermönche Klosterfrau Melissengeist an Bedürftige verteilen. Gepriesen seien die Konsumkathedralen auf der Zeil, und die vergoldete Armanitafel in der Fressgasse, an der hungrige Berber Platz nehmen dürfen. Mc Donald‘s hat Gutscheine für Armbürger de Luxe, vier Hartz Angebote gibt’s heute bei Kleckermann. Aro mit der Goldkante hätte meine Zukunft sein können, bevor sie mich abgehängt und mit der Müllabfuhr entsorgt haben. Ich krieche in die Altkleidercontainer und suche mir die Lumpen für meine Dritte Welt. Nie werde ich dem Paradies so nahe sein, wenn ich mich reich beschenkt und in Prada gehüllt vor mir selbst verneige. Oh, Heiliger St. Spiritus, Jägermeisterfläschchen wachsen am Baum der Erkenntnis. Adam poussiert am Bahnhofsstrich, und Eva schafft in einem Puff in der Niddastraße an. Der Rest sonnt sich Glanz der Heiligsprechungen, und lässt sich die Paradiese vom Schneider richten. Marmorstein der Eisen bricht. Und ich nur am Rande in den Abfalleimern von Schlemmermann. Mich bricht es auch, bis ich die letzten Wohlstandsreste aus mir herausgekotzt habe.
Wiederauferstanden aus Ruinen, und dem Mammon zugewandt. Wo Gutmenschen maßgeschneidert werden, und in Champagnerwhirlpools leben. Wo die längste Praline der Welt in ausgefranzten Arschlöchern steckt, und als goldenes Trüffelschwein wiedergeboren wird. Oh, du mein Frankenfurz, wie hab ich dich gelitten, bevor du mir entglitten bist, und du mich abgetrieben hast. Wie viele Bankert leben unter den Bänken, und wie viele unter Bänkern? Bei Wampe Wempe gibt’s heute Diamanten zum Ramschpreis, das Kilo für eine Million. Die iranischen Teppichhändler verkaufen Kaviargranaten statt Bombenvorleger. Die Narren in der Bütt tragen rostige Dornenkronen, und ich meinen Mariacrone, den ich nur mit nackten Betschwestern teilen werde, die noch ihr Jungfernhäutchen besitzen.
Frankfurt lacht zur Fassenacht. Im Kaufhof gibt’s kostenlos rote Pappnasen, und im Karstadt Bombengürtel für Selbstverbraucher. Nur ich, der Sperrmüll von Rudis Resterampe, muss sich selbst entsorgen. Die Karawane zieht weiter, nicht nur der Sultan hat Durst. Die Sirenen kreischen, und die Blaulichter laden zum Tanze. Wankend und trinkend taumele ich mit. Dann um die Ecke herum, hinauf ins glitzernde Oberdorf. Ihr Polizeiritter in Kettenhemden von Joop, und Designer Blaulichtern von Colani auf dem Schädel: Beschützt mir den Brut am Opernplatz, bevor euch die Brut die Plörre vergiftet. Zug um Zug, bis auch der goldene Becher bricht.
Achtung, Achtung! Sperrt die Kinder ein, die schunkelnden, trunkenen Gaukler sind in der Stadt. Die Narren sind los, denn heut ist Fassenacht, so wie das ganze Jahr.
Der Dompfaff in der Bütt erteilt Absolution für die Gardekinder. Dann lüftet er die Soutane und heißt sie mit einem Vertusch willkommen. Bald ist Fastenzeit, dann wird er sich mäßigen müssen. Herr erhöre seine Fürbitten. Lass uns im Jesuitenstift ein Bittgebet sprechen, dass es seine Spermien nicht weiter verklebt. Buße tut nicht not, weil wir alle Sünder sind. Wir saufen alle aus gleichen Schierlingsbechern. Im nahe Zoo masturbieren die Gorillas, und schütteln sich einen von der Palme. Für den Palmsonntag hat der Wärter aufblasbare Gummipuppen beim Beate Uhse bestellt. Am Totensonntag saufen wir den Fusel aus abgehängten Totenglöckchen.
Wir sind das Unmaß aller Dinge, wir treiben dem Wahnsinn entgegen, und reißen alles mit. Morgen werde ich im Dom Messwein ins Weihwasser schütten, und den Ungläubigen zum Saufen geben. Bloody Maria werde ich meinen Endzeitcocktail nennen, bevor mich Paulus zum Saulus und zum Unheiligen der letzten Tage ernennt. Armageddon wird mein Name sein. Buchen sie eine Kreuzfahrt nach Sodom und Gomorrha, täglich ab Osthafen, und dann auch ins Tote Meer. Das Lamm mit dem siebenten Kaschmirsiegel flieht aus der Abdeckerei, und die Destille im Himmel gewähret nur eine halbe Stunde lang reinen Weingeist, bevor die dümmsten Schafe im Tremens Delirium bei neunzig Grad zu heiß gewaschen werden. Hurra, wir werden uns totsaufen, bevor wir weiter schrumpfen, und unsere Gehirne bei tausend Umdrehungen trockengeschleudert werden, und die Endzeit endgültig beginnt.
Blutroter Kaviar wird dann klumpig vom Himmel regnen, den die Eiszeit zwischen den Champagnerständen am Opernplatz festfrieren lässt. Wildlachs wird es hageln, und den Kauernden die Schädel einschlagen. Trüffelschweine werden eiskalt abserviert, und verenden im Schneegestöber zwischen goldenen Dinersclubkarten.
Darfs noch ein Vueveglykolchen sein, Gnädigste, wird ein Scharfrichter die diamantbehängte Opernplatzkuh mit den Siliconeutern und der säugenden Brut befragen, oder soll ich ihren Blaufuchs erschlagen und den Hungernden zum Fraß vorwerfen?
Tod den Palästen und ihrer vollgefressenen Dienerschaft. Wir verkaufen das Fett an Brot für die Welt. Der Blaue Bock sendet live von der Hauptwache. Und Heinz Schenk singt ein Totenlied zusammen mit David Bowie, bis sie der Schlaganfall ereilen wird. Die Sterne einiger Fresstempel downtown Mainhattan werden im Fegefeuer verglühen. Eine neue V.S.O.P Weltordnung wird kommen, und Mariacron wird die Königin sein. Ein irrlichternder Schmalhorst wird Küchenmeister werden, damit wir uns nicht mehr so zulafern müssen. Wenn Geld schon keine Rolex mehr spielt, dann kann man auch den Rest Lacotzen. Aus der letzten verbliebenen Pferdemetzgerei am Kaisersack wird ein abgehalftertes Pferd wanken, und das wird feuerrot sein. Und dem, der darauf sitzt, wird Macht gegeben sein, den Frieden von der Erde zu nehmen, dass sie sich untereinander umbringen. Und hinten der dunkelsten Ecke der Abdeckerei wird ein schwarzes Pferd stehen. Und der darauf sitzt, hat ein Börsenthermometer in seiner Hand, und schiebt es sich in den eurogenormten waidwunden Arsch. Und ich höre die Stimme eines Ackermannes sagen: Ein Maß Weizen für einen Silbergroschen und drei Maß Gerste für einen Silbergroschen; aber dem Öl und Wein tu keinen Schaden! Das wird mir Mut machen, und mein Säuferherz erfreuen. Mein Durst wird gestillt werden, und auch mein Magen wird nicht hungrig knurren. Als Tagesgericht ein fahles Pferd im Verwesungszustand. Und der es aß, dessen Name war: Der Tod. Und die Hölle folgte ihm nach. Die Frankfurter Würstchen werden Trauer tragen, und Graf Voelsing muss wegen der Schweinepest schließen. Schlachtreife Lämmer werden in Volksbanken gekeult, und Herrenreiter auf der Rennbahn hingerichtet. Die Wetten stehen eins zu eins. Einarmige Austernfischer sitzend frierend am Lucae Brunnen, und lutschen verzweifelt gefrorene Iglu Fischstäbchen. Die Stände sind leergefressen, und der Weinschaum verrinnt faulend zwischen den Gullydeckeln. Was für ein Fest für die Herzen, für die Sinne, für den Irrsinn. Bankfurt, ich häng an dir, Krankfurt ich leb in dir. Bis die Sonne im Osten untergeht.
Die sieben Engel mit den sieben Posaunen rüsten sich zum Blaskonzert, und wir dilettieren beim Deutschmeister Marsch mitten in den Untergang hinein.
Nur ich sitze sturzbetrunken auf dem Bullen am Börsenplatz, und reite gelassen dem Sonnenuntergang entgegen. Ich bin der Marlboromann ohne Leberflügel, und ich pfeif auf euch, und sowieso auf dem letzten Loch. Meine Lunge ist so schwarz wie meine Seele, und ich erfreue mich an eurem Untergang.
Wer hat der hat, und der braucht schon lange nichts mehr. Außer einem Gnadentod in der Abdeckerei. Ich schlürfe die Milch der frommen Denkungsart aus Champagnerpfützen, und lösche sie dann mit Stroh Rum ab. Hinten auf der Festwiese fahre ich stundenlang Achterbahn, bis ich von oben die Stadt erbreche. Dann wanke ich davon, am Eschenheimer Turm vorbei, immer in Richtung Osten. Meiner neuen Raststätte entgegen. Trinkhallen säumen meinen Weg, und ich schunkele mit den Gardemädchen mit.
Und wie ich so schwanke durchs finstere Tal, sehe ich ein Menetekel an der Fassade am Weltgericht. Über der Mauer des Schweigens prangen riesige metallene Lettern, vor Urzeiten von irren Dombaumeistern angebracht. DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR, steht dort geschrieben. Die Baustelle leer, die Gerüste verwaist. Ich breche in einen der Bauwagen ein, Gottes Werkzeuge zu beschaffen. Die Nacht ist hereingebrochen, und hat ihren Deckmantel über mich geworfen. Oben auf dem Gerüst bin ich der Gott Befohlene, und handele auch im Auftrag der anderen Herren. Und auch wenn ich schon wandere im finsteren Tal, fürcht ich kein Unrecht. Der rechte Pfad ist mir befohlen. Nach zwei Stunden habe ich die WÜRDE entfernt. Zusammen mit drei Doornkaatsklaven und zwei besoffenen Jägermeistern schleppe ich sie mühsam meinem Ziel entgegen. Runter zur Schönen Aussicht, und immer weiter nach Osten. Dort wo rostige Kräne stehen und tote Kraniche vom Himmel regnen, will ich meine Leber für immer hinterlegen und konservieren lassen, um dann mit der Würde zu sterben.
Willkommen im Grenzland. Im Ausgrenzland. Da wo der Aussatz noch Umsatz macht und goldene Früchte trägt. Blutleere Berberritzen weisen den Weg. Sperrgebiet. Niemandsland. Turmhohe Mauern aus Wellpappe, dahinter Paläste aus Umzugskartons und Pradatüten. Kathedralen des Unterganges, gezimmert und gepresst aus schwerer Zellulitis fetter Millionärsgattinnen. Bis die Verlausten und die Zerlumpten ihrer habhaft wurden, und ihr Reich kommen ließen. Vergängliche Mobilheime, Luftschlösser, von einem zornigen Gott in den Himmel gerissen, und in aufgequollener Pappe wiedergeboren. Der nachtfeuchte Flussnebel hat sich über sie geworfen, und dann seinen fauligen Schimmel in sie gegossen. Die alten Wacholderbüsche an den Palasteingängen tragen Schraubverschlüsse und blühen bei vierzig Prozent. Schinkenheger pflegen sie, damit die Quellen nicht versiegen. In den Kemenaten lagern betrunkene Gestrandete, das Verfallsdatum längst überschritten. Sie schlafen auf Wasserbetten, gefüllt mit dem Doornkaat ihrer quartalsaufenden Erzeuger. Die Krätze am Arsch, die Gichtfinger klamm, und mit blutgierig dürstenden Läusen auf den mariacronten Häuptern. Verkümmerten Embryos gleich sitzen sie auf feuchtem Muttermund, und erwarten die letzte Ölung von Don Perignon, dem Weihepriester aller armen Schlucker. Die Nabelschnur in einem Bembel mit Wehmut, der Strohhalm an den sich das Restleben klammert. Alles auf einmal, und einen trockenen Hals dazu. Weil das hier so Asbach ist, und weil wir uns das wert sind. Weil einem dann vielleicht nichts Gutes widerfährt.
Endstation Sehnsucht! Intensivstation Wermut, Wehmut, Todesmut. Der Doktor braucht nicht zu kommen. Die Betschwestern tragen bereits Tod, und die Klistierspritzen in unseren Ärschen sind mit Branntwein gefüllt.
Achtung, Achtung ! Zurücktreten von der Brotsteigkante. Hier kommt kein Zug mehr an, hier ist die Endstation zur Hölle. Zwischen den verlassenen Gleisen wuchern prächtige Leberzirrhosen. Lallende Schnapsdrosseln hocken auf leergefressenen Mülleimern und lauern auf Beute. Auch die Ratten müssen bleiben, weil das sinkende Schiff bereits auf seiner Kreuzfahrt im Toten Meer ist.
Im Main dümpelt Flaschenpost mit Abschiedsbriefen. Der Altglascontainer hat Hochkonjunktur. Grüße aus Anderland, Grüße vom Monte Menschelino. Grüße von den Zurückgebliebenen, den Übriggebliebenen, den Hinterbliebenen. Grüße vom Scherbenhaufen und vom Abfallhaufen dieser Welt. Der Himmel öffnet nochmals seine Schleusen, und lässt Lebertran regnen. Aber es ist zu spät. Mein Gesundheitspass ist abgelaufen. Ich stehe an der Pforte zum Säuferhimmel und bettele um Einlass. Er wird mir gewährt. Die Berberritzen betten mich weich auf ihre offenen Geschwüre, und warten auf ihre Gastgeschenke. Ich flehe zu Gott, damit er Flachmänner regnen lässt. Ich selbst bin guten Mutes. Meinen lebenslänglichen Freisaufschein habe ich im Sozialamtslotto gewonnen, und tausche ihn gegen eine Trinkerrente für Quartalssäufer ein. Alle drei Monate ein Fass Mariacron, das ist meine neue Beständigkeit, bis das der Tod uns scheidet. In der Ferne klingeln Millionen von Totenglöckchen.
Inmitten der Paläste schichten wir einen Grabhügel auf. Die mitgebrachte WÜRDE als Arche Noah oben darauf. Wir sind die ausgestopften Tiere der neuen Welt, und wir werden sie schwankend und lallend verlassen. Leonardo DiCaprio und Kate Winslet singen zur Schiffstaufe. Dann lasse ich eine Flasche Korn an ihren Designerschädeln zerschellen. Der lecke Kahn wird uns zu neuen Ufern bringen.
Achtung, Achtung ! Zurücktreten von der Bordweinkarte. Alles einsteigen, alles einsteigen, wir sind der Genpool der neuen Anderwelt, die wir auf Flaschenpfand erbauen. Und unser Säuferchor singt, „Schwer mit den Schätzen des Orients beladen, ziehet ein Schifflein am Horizont dahin:“ Dann umarmen wir die Würde und brechen in Tränen aus. Sie ist tastbar, sagt ein hemmungslos weinender zahnloser Betrunkener, bevor er das vergammelte Labskaus über ihr erbricht, und dann doch noch lachend verendet.
Bevor wir abreisen werden wir uns noch stärken müssen. Unser Tisch ist immer gedeckt, und der Fusel fließt aus dem Quell nahe den Wacholderbüschen. Es ist schön hingerichtet, wo könnte es besser sein. Reservieren muss hier keiner mehr. Wir leben vom Inhalt der Container und von Schlachtabfällen. In der nahen Trinkerhalle haben wir Kredit. Wir sind die Badbank und handeln mit hochprozentigen Trinkeranleihen. Wir sind die Vertriebenen, Abgetriebenen, Zurückgebliebenen, die Übriggebliebenen, die Hinterbliebenen. Wir sind der Abfall dieser Welt. Unser Weinschaum küsst den Abschaum, und der sind wir selbst. Gebenedeit sind die Müllcontainer hinter der Großmarkthalle, denn da ist das Himmelreich, für diese und jene, und vielleicht auch schon morgen für dich. Wir leben im Rhythmus der Verfallsdaten, weil wir schon seit der Geburt abgelaufen sind.
Montags den Schimmelkäse bei Aldi, dienstags die grüne Gelbwurst bei Rewe. Am Mittwoch fressen wir Gammelfleisch bei Minimal. Donnerstag entern wir die Müllcontainer bei Lidl, und am Freitag sind faulige Hühnerbeinchen von Schleckermann dran. Alles muss raus, hurra, es ist Schlussverkauf. Die Maden laufen um ihr Leben, bevor sie es an uns verlieren. Gehuldigt sei das Verfallsdatum, das uns das Sozialamt zum Abschied schenkt. Der Tod muss noch ein wenig warten. Die Abdeckerei im Schlachthof bietet frischen Leberkäse an. Das ersetzt mir meine verfaulte Leber, und ich heb mein Glas auf all die toten Schweine.
Hier unten am Fluss. Am Fluss des Lebens, wo der Lebensfluss versiegt. Erst der Stillstand der Zeit, dann der Zerfall. Ein Rinnsal aus Urin, und dem Gestank verfaulenden Fleisches und eiternder Zahnstümpfe. Ganz am Schluss der Sprung auf die wankende Arche, die uns schunkelnd in die Hölle erbricht.

Ich verlasse Chicago über den Highway 17 und 4. Bis New York sind es noch gut siebenhundert Meilen. Mein First-class Ticket bei der Lufthansa hat mir “Brot für Geld” spendiert, weil ich ein bankerter Schweinepriester bin. Schon Samstagmorgen werde ich in Frankfurt sein. Als erstes bringt mich mein Chauffeur in die Schillerstraße, damit ich mir dort eine neue Maßkutte fertigen lassen kann. Dann geht’s zum Plöger, Kaviar und Austern fressen. Dann muss ich mir noch Schnee besorgen, damit niemand unnötig schwitzen muss. Am Abend sauf ich dann Veuve Klicköchen bis zur Bewusstlosigkeit, und hänge meinen Schwanz in pelzbehaarte alte Damen, deren Erbe ich vermehren will. Am Sonntag gehe ich zum Gottesdienst, und werde großzügig einen Euro für Brot für die Welt spenden. Jeder Penner, der mich daran hindert, den trete ich sicher in den Arsch. Nächste Woche segne ich ein Kinderdorf in Afrika zusammen mit Tommy, der aus einem Hubschrauber Negerküsse von Haribo auf die Kriegswaisen regnen lässt. Den Rest des Jahres verbringe ich mit meinem guten Gewissen wieder in Castel del Golfo. Das bringt mich meiner Heiligsprechung sicher wieder etwas näher. Vielleicht besuche ich auch einmal meinen Psychiater im Vatikan, bei dem ich meine Albträume loswerden kann. Die Hölle lauert überall, man will ja nicht im Fegefeuer enden.

©Friedrich Hucke



Sternstunden-Im Reich der Königsmacher


Ihre Frist ist leider abgelaufen, sage ich zu ihm. Ich komme im Auftrag der allmächtigen Produktionsfirma aus Holland, und ich bin der zuständige Medienberater für besonders schwere Fälle. Stellen sie umgehend ihre Fresserei ein.
Erst wirkt er überrascht, dann macht sich Bestürzung bei ihm breit. Ächzend versucht er sich in seinem riesigen, mit Stahlträgern verstärkten Bett aufzurichten.
Was er denn falsch gemacht habe, fragt er ängstlich mit zitternder Stimme, und lässt einen gewaltigen Furz, der die Wände des Kellers erzittern lässt. Er habe sich doch wirklich alle erdenkliche Mühe gegeben, um die Erwartungen des Senders zu erfüllen. Er läge jetzt schon ein Jahr in diesem Bett, vermeide jegliche unnötige Bewegung, und er habe doch auch die Vorgabe von fünfzehntausend Kalorien täglicher Nahrungsaufnahme fast verdoppeln können. Immerhin, sagt er mit Blick auf die digitale Anzeige am Bett, das auf einer Schwerlastwaage steht, habe ich jetzt schon mehr als zweihundert Kilo zugenommen. Bis zum Weltrekord von fünfhundert Kilo sind es doch nur noch dreißig Kilo. Und jetzt schmeißen sie mich ganz einfach raus, obwohl mir nur noch ein paar Tage zum Rekord fehlen, jammert er, das ist wirklich unmenschlich.
Kann man nichts machen, antworte ich ihm, mein Auftraggeber hat sie ja ausreichend gewarnt, dass Vertragsbrüche Konsequenzen nach sich ziehen. Und letztlich wurde ihnen ja auch genügend Zeit für ihr Vorhaben eingeräumt. Außerdem habe sich die Welt draußen auch ohne ihn weitergedreht, wie er sich wohl denken könne.
Während sie hier scheinbar nur vor sich hin gehungert haben, setze ich noch einen drauf, läge ein anderer bereits seit Monaten in einem Fernsehstudio in Amerika, und sei in kürzester Zeit schon auf siebenhundertfünfzig Kilo angeschwollen. Seit er ankündigt habe, noch dieses Jahr die tausend Kilo zu überschreiten, seien die Einschaltquoten quasi explodiert. Allein die verkauften Werbeminuten an einige Fastfood Ketten hätten Millionenumsätze gebracht, trumpfe ich auch noch auf.
An wen bitte sollten wir sie jetzt noch verkaufen, frage ich ihn vorwurfsvoll, um ihn endgültig klein zu machen. An Diätpillenkonzerne? Sie sind einfach nur noch schwergewichtig und mittelmäßig dazu, und unser Vertrauen ist nachhaltig beschädigt. Außerdem hätten sie diesen neuen Rekord des Amis doch sowieso nie übertroffen, weil ihnen dazu einfach die Klasse fehlt. Deswegen waren sie auch schon die ganze Zeit offline.
Wie, fragt er mich mit Blick auf die an der Decke hängende blinkende Kamera, war ich etwa die ganze Zeit nicht auf Sendung, obwohl man mir das versprochen hatte?
Ja, sage ich, das war nur ein Testlauf um zu sehen, ob sie sich für wirkliche Rekordleistungen empfehlen können. Und sie haben so gesehen rechtzeitig versagt. Wir kaufen schon lange nicht mehr die Katze im Sack. Sie hier gemästet zu haben war schließlich teuer genug, und die Produktionskosten für die Show hätten sicher weitere Millionen verschlungen.
Dann gebe ich ihm den Rest. Er könne froh sein, dass wir keine Schadensersatzforderungen an ihn stellen würden, sage ich ihm mit strenger Miene. Er atmet sichtlich erleichtert aus, wenn auch in Form eines weiteren Furzes.
Er hätte sich mal besser ein Beispiel an dem Mann nehmen sollen, der hier ebenfalls die ganze Zeit in dem Bett hinten in der Ecke gelegen habe, lege ich dann noch nach. Der sei jetzt noch berühmter als vorher, und der große Quotenbringer dazu.
Aber, wirft er ein, den habe ich schon seit Wochen nicht mehr gesehen, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass er das Bett und den Raum jemals verlassen hat.
Ja, sage ich ihm, genau das ist der Punkt. Sein Rekord habe ihn sozusagen spurlos gemacht, und dafür gebühre ihm eine hohe Anerkennung.
Wie das denn überhaupt ginge, will der Fettkloß wissen, das käme ihm jetzt doch ziemlich unheimlich vor. Er sei sowieso verwundert gewesen, dass der andere die ganze Zeit geschwiegen, und auch auf Fragen nicht geantwortet hat. Er habe sich dann damit abgefunden in ihm einen Mann zu sehen, der gerade dabei ist, einen Weltrekordversuch in Schweigegelübbden anzupeilen.
Da sehen sie mal, wie konzentriert der seine Aufgaben angegangen ist, gebe ich ihm zu bedenken. Der Mann, mache ich ihm klar, war einstmals ein berühmter Schriftsteller, Dichter, und auch Denker. Und nachdem er plötzlich erfolglos geworden am Hungertuch nagte, da haben wir ihm diese Show angeboten. Er musste sich innerhalb einer bestimmten Zeit lediglich endgültig selbst wegdenken. Nicht mehr und nicht weniger. Er war so etwas wie ein Modellversuch. So Menschen wie er passen nicht mehr in unsere Zeit, und jeder Schriftsteller und Dichter weniger, bringt mehr Leute an die Fernseher, und das ist gut für unsere Quote.
Ja, und das hat er jetzt geschafft, ganz einfach und endgültig spurlos zu verschwinden, fragt der Dicke irritiert, und lässt wieder einen lauten Furz.
Klar, sage ich, oder sehen sie ihn hier im Raum oder in seinem Bett? Er hat diese Herausforderung kämpferisch und konsequent angenommen, das hätten sie auch einmal tun sollen. Erst bekam er diese Schreiblähmung, dann eine Sprachlähmung, dann fehlten ihm plötzlich die Worte, und der Rest war dann scheinbar ganz einfach für ihn. Sich selbst endgültig so wegzudenken, dass man dann schlussendlich auch physisch verschwunden ist, das hat vor ihm noch niemand geschafft. Das hat meinen Respekt. Aber er war ja auch ein Profi in diesen Dingen, und sicher mag ihm das durchaus geholfen haben. Trotzdem eine feine Leistung, und seitdem rollt der Rubel. Sie dagegen haben uns nur unnötig Geld gekostet.
Aber er hat doch nun nichts mehr davon, zweifelt der Fleischklops, und furzt weiter laut vor sich hin.
Das sieht nur scheinbar so aus, beruhige ich ihn, aber die Tantiemen werden für ihn weggelegt, falls er wieder auftauchen sollte. Wir sind da fair, bei uns geht nichts verloren. Außerdem haben wir ihm das zugesichert. Und wir halten uns immer an unsere Verträge, wie sie ja jetzt auch erfahren haben. Unsere Seriosität sollte man nie in Zweifel ziehen.
Ja, und wie es jetzt trotzdem für ihn selbst weitergehen würde, will er dann dringend trotzdem wissen. Er habe doch sein altes Leben für dieses hier völlig aufgeben müssen, und jetzt drohe ihm Arbeitslosigkeit, Hunger und dann sicher am Schluss die Sozialhilfe. Ob ich mir überhaupt darüber klar sei, dass man als Sozialhilfeempfänger in Deutschland täglich höchstens fünfzehnhundert Kalorien zu sich nehmen dürfe, klagt er mich an. Man könne in seinem Fall da wirklich nicht von gesundschrumpfen sprechen, er sehe da eher seine Gesundheit gefährdet. Und einen Zuschuss zum Kauf von Kleidung in Übergröße würde man ihm doch sicher auch verweigern. Was soll bloß aus mir werden, schluchzt er lauthals, und rülpst und furzt nun gleichzeitig.
Haben sie denn nicht irgendeinen Job für mich, fragt er mich dann weinerlich und bettelnd, und wenn es als fetter und furzender Freak in einer ihrer Talkshows ist? Oder lassen sie mich als Nachfolger des verschwundenen Dichters antreten, setzt er nach. Er könne es ja mal zumindest versuchen, sich ebenfalls wegzudenken. Es wäre ihm auch egal, das Geld vielleicht erst sehr viel später zu bekommen.
Ich muss nicht mehr groß überlegen, weil er jetzt endgültig in der Falle sitzt.
Gut, sage ich entschlossen zu ihm, ich habe da etwas für sie, was sicher besser zu ihnen passen würde. Wie wäre es mit einem Castingvertrag als furzender Amokläufer.
Er schaut mich zunächst bestürzt, und dann sehr zweifelnd an.
Hat sich das nicht auch schon längst abgeschliffen, nach all den vielen Amokläufen die letzten Jahre, will er wissen. Und das bringt wirklich Quote, fragt er weiter, und verschafft mir ein entsprechendes Einkommen, das mich auch gut ernähren wird?
Ja, kommt darauf an, wie sehr sie sich anstrengen, und wie hoch ihre Abschussraten sind, erkläre ich ihm. Sie sind ja auch nicht allein in der Show. Wir planen eine ganz neue Staffel die DSDSP heißen soll. Nein, singen könne er nicht, interveniert er. Nein, das müsse er auch nicht, beruhige ich ihn. Hauptsache er könne mit einem Gewehr umgehen und gut zielen. Deutschland sucht den Schweinepriester, hieße die Show, kläre ich ihn weiter auf, und Tausende hätten sich bereits beworben. Allein schon beim Vorcasting habe es bundesweit mehrere hundert Tote gegeben, so haben sich die Bewerber ins Zeug gelegt, mache ich ihm Mut. Sie müssen sich von Runde zu Runde beweisen und weiterqualifizieren. Die mit den meisten Toten sind in der nächsten Runde, und am Schluss gibt’s ein besonderes Finale. In der ersten Runde ist es noch einfach, da gehen wir quasi als Training zu einem Amoklauf in eine Walldorfschule, da ist der Widerstand am geringsten. Im Achtelfinale sind wir dann bei einem Schriftstellerkongress zu Gast, und im Viertelfinale schießen wir uns durch ein katholisches Priesterseminar. Im Halbfinale wird es um ein gepflegtes Massaker in der Vorstandsetage einer großen deutschen Bank gehen, und der Höhepunkt im Finale wird sein, den Bundestag zu umstellen, und die schlimmsten Politiker zu eleminieren. Also, denken sie mal darüber nach, ob sie so einer Aufgabe überhaupt gewachsen sein könnten, dann gebe ich ihnen eine letzte Chance, und wir machen dann einen neuen Vertrag, sage ich ihm und weiß, dass er anbeißen wird.
Wie es mit der strafrechtlichen Verantwortung aussähe, fragt er zögerlich und immer noch ein wenig verunsichert. Und er sei doch schließlich auch bekennender Katholik.
Kein Problem, versichere ich ihm, der Gewinner erhält zusätzlich eine einmalige Heiligsprechung, und bekommt vom Papst einen kostenlosen Heiligenschein für die Straffreiheit. Außerdem würden dem Sieger noch zehn zusätzliche Vergebungen Gottes nach freier Wahl zustehen, was man ebenfalls auch vertraglich zusichern werde.
Ja, dann machen sie mal hin, sagt er dann sehr erleichtert, und schaffen endlich die neuen Verträge bei. In meiner Situation habe ich sicher sowieso keine große Wahl.
Ist doch sicher allemal besser für sie, sage ich zum Abschied, als sich vielleicht auch wegdenken zu wollen. Ich glaube, bei ihrem Körperumfang stößt man da schnell an seine Grenzen, vor allem wenn man dazu auch nichts im Kopf, sondern fast alles im Arsch hat. Ja, furzt er zurück, da könnten sie möglicherweise recht haben.



Sonntag, 14. März 2010
An einem dieser Totensonntage


Der Tisch ist gedeckt, die Speisen sind aufgetragen. Es ist angerichtet. Reservieren muss keiner, wir sind immer hier. Wir sind die Zurückgebliebenen, die Übriggebliebenen. Wir tragen Masken zu jedem Fest. Zum Totensonntag, zum Volkstrauertag, und vor allem zum Heiligen Abendmahl.
Magst du einen Rotwein, frage ich ihn. Er schaut an mir vorbei. Still in sich gekehrt sitzt er mir gegenüber am großen Esszimmertisch. Unsere Worte sind uns schon lange entschwunden. Irgendwo zwischen Totensonntag und Aschermittwoch, vor unmenschlich langer Zeit. Melchior spricht nicht mit mir. Er belässt es beim Schweigen. Was jetzt, frage ich trotzdem in die Stille hinein. Eine Antwort erhalte ich nicht. Sein Schweigen hängt bleischwer gegossen an der Wand. Auf dem Esstisch zwischen uns haust die Vergangenheit. Ein grünschimmernder Schweinskopf. Das Verfallsdatum ist längst überschritten. Schmeißfliegen steigen auf und fliegen taumelnd davon. In der Kuckucksuhr über dem Kamin hockt ein Bestatter und beerdigt die Zeit. Dann erhängt er sich am Stundenzeiger. Der räudige Kuckuck, an Krätze krepiert, hat kein Testament hinterlassen. Um die polierten Messerbänkchen auf dem Tisch rankt verwelkter Lorbeer. Der blutrote Rioja den ich Melchior trotzdem ins Glas gieße, wird mit der Zeit vertrocknen. So wie auch unser Sprechen vertrocknet ist. Gelbbraunes Herbstlaub fällt schwer von der Decke, und beginnt uns langsam zu ersticken. Bald wird Winter sein. Dann wird der Schnee unser Schweigen mit seinem weißen Leichentuch überdecken.
Die Leere hockt im Raum und ist greifbar. So geht das schon seit Jahren. Ich schaue ihn an. So gerade und steif wie er da auf seinem Edwardian Stuhl thront, hat er fast etwas Aristokratisches. Aus seinem blassen Gesicht kann man keine Gefühle ablesen. Er wirkt gleichgültig und unnahbar. Heute trägt er einen hellgrauen Anzug aus feinem Kaschmir mit einer roten Krawatte. Sein Stil, seine Manieren, und seine noble Art beschämen mich, und auch sein Schweigen. Vielleicht weil ich bemerke, dass auch ich mittlerweile dem Schweigen verfallen bin. Ich schaue ihm in die Augen und sehe, dass er durch mich hindurchschaut. Solche Dinge passieren. Sie geschehen auch, weil sie geschehen müssen. Während ich darüber nachdenke klingelt das Telefon. Ich stehe auf und nehme den Anruf entgegen. Es ist Totensonntag. In der Ferne klingelt ein Totenglöckchen.
Tut mir leid, sage ich, und verlasse erleichtert unsere feste Burg, die unser aller Tod ist. Mit Wehr und Waffen rase ich mit dem Wagen durch nachtfeuchte Platanenalleen, am Grüneburgpark vorbei, immer weiter, immer weiter. In die Vororte, tief im Westen. Dort wo die Sonne verstaubt! Da ist es besser, viel besser, als man glaubt!, singt einer im Radio. Alles Lüge, denke ich, alles Lüge. Ich fahre durch immer enger werdende Straßen. Dann bleibe ich im Elend am Ende der Welt stecken. Ich schiebe die Gaffer beiseite, deren Gesichter im Schein der der kreisenden Blaulichter zyanotisch flackern. Vor mir ein Haus, dass die Zeit totgeschlagen hat. Moritatus. Im Niemandsland. Am Gottesacker.
Hastig steige ich die Treppen zum Dachgeschoss hinauf. Keuchend verharre ich auf der letzten Treppenstufe. Im Hausflur riecht es nach Schweiß, Erbrochenem, und Fäulnis. Dazwischen lauern Bohnerwachs und Anständigkeit, die mir Übelkeit verursachen. Aber wenn man sein Mahl genießen will, muss man es überwinden.
Der Tisch ist gedeckt, die Speisen sind aufgetragen. Es ist angerichtet. Jemand hat für mich reserviert. Ein diensteifriger Ober im grünen Livree weist den Weg. Zögerlich betrete ich den gastlichen Raum. Der blutige Läufer im Flur zeigt mir die Speisefolge. Hinten am Ende des engen Korridors ein kleines Bad. Immer wenn ich Gaststätten betrete, schaue ich zuerst in die Toiletten. An der halboffenen Tür an einem Nagel ein vergammeltes Lebkuchenherz. ICH·LIEBE·ICH, schreit das verkümmerte Herz..Das D ist verschwunden. Von hungrigen Motten gefressen, die schon lange in ihm hausten.
Hinter der Badtür Raum für die befleckte Empfängnis. Blutsonntag. Ein besudeltes Waschbecken, darüber einen alten Spiegel, erblindet. Die verdreckte Toilettenschüssel mit einer Umrandung aus altem Frottee, ein Kotau. An einem rostigen Handtuchhalter ein nikotingelbes Handtuch, blutverschmiert. In der halbgefüllten Wanne hinter der Tür ein junges Mädchen im Schwarz ihres Lebens. Unförmig und aufgebläht. Trauerränder unter den abgebrochenen Fingernägeln. Der Geruch der Verwesung, unerträglich. Die Haut ein Netzmuster aus Adern, wie ein alter Schnittmusterbogen. Vor der Badewanne ein blutgetränkter Teppich mit matschigen Klumpen darauf. Kalbsbries denke ich. Aber ich habe noch nie welches gegessen. Ein Hammer mit abgebrochenem Stiel. Mit Kalbsbries daran. Vom Schmied hinterlassen. Der auch der Metzger war. Mein Magen revoltiert. Draußen vor der Tür erbreche ich mich in eine Alditüte, die ich immer dabei habe. Der zweite Gang wird serviert. Ich stelle mich vor die Badewanne und schaue auf das junge Mädchen. Mit einem Diktiergerät in der Hand, der erste Tatortbefund. Massive Gewalteinwirkung gegen die Schädelbasis und die Stirn. Die großen Löcher im offenen Schädel , passend zur Größe des Hammers. Der Hammer der Zorn, der abgebrochene Stiel der Hass. Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Ich schaue ihr in den offenen Kopf und kann keine Antworten finden. Was man in geschlossenen Köpfen nicht findet, das findet man auch nicht in offenen. Ein Foto in meinen Händen. Zwei Mädchen, die sich mal kannten. Die eine im Rosarot ihres Lebens, die andere im Schwarz unter mir. Totensonntag.
Die Spurensicherung trifft ein. Es ist Zeit zu gehen. Zurück in die feste Burg, die Gott bereits verlassen hat. Die notwendige rituelle Reinigung, bevor mich die Nacht weiter auffressen wird. Als ich das Bad verlasse nehme ich alles mit. Weil ich ein Sammler bin. Ein Totem Sammler. Man muss mitnehmen was da ist, sonst bekommen es die anderen. Dies alles ist kein Wunschkonzert. Heute hat es sich gelohnt. Ich nehme mit: Die Erinnerungen an ein Mädchen im Schwarz ihres Lebens. Gleichfalls all das Blut, den abgebrochenen Hammer, den eingeschlagenen Schädel, die zentimetergroßen Knochensplitter, die ausgetretene Gehirnmasse die wie Kalbsbries aussah, den Schnittmusterbogen, die Schmeißfliegen, ein mottenzerfressenes Herz auf dem ICH·LIEBE·ICH stand. Das Bild von einem Mädchen, das dem Mädchen in der Wanne nicht ähnlich sah. Dazu packe ich noch den Geruch von Fäulnis, Blut, Schweiß, Urin, Erbrochenem, und auch den Gestank von Bohnerwachs in die Hosentasche. All dies jetzt meine Gerüche, die mich nicht mehr verlassen. Weil ich sie nie verlassen habe. Weil sie zu mir gehören. Zuhause sitzt Melchior immer noch still und regungslos am Esstisch und schweigt. Meinen Gruß ignoriert er wie immer. Er scheint tief in sich versunken. Er wohnt in einer anderen Welt, weil ihm seine scheinbar sinnlos erscheint. Sicher meint er damit vor allem auch die Welt, aus der ich gerade komme. Ich bin müde und setze mich ihm gegenüber auf den Stuhl. Dann trinke ich die stehengebliebene halbvolle Flasche Wein in einem Zug aus. Plötzlich begegnen sich unsere Blicke. Erst bin ich mir sehr unsicher, aber dann begreife ich es. Er schaut mich fragend an. Scheinbar sieht er meine Erschöpfung, sieht dieses große Bündel Mensch vor sich, sieht auch die Last auf meinen Schultern, die mich niederdrückt. Dann bricht er plötzlich sein jahrelanges Schweigen. Er beginnt zu sprechen.
Es gibt kein richtiges Leben im falschen, sagt er zornig zu mir. Du musst Entscheidungen treffen, wenn du noch überhaupt etwas ändern willst. Sonst ist es zu spät. Ich schaue ihn überrascht an. Unser gemeinsamer Weg ist zu Ende, sagt er dann auch noch, du brauchst mich jetzt nicht mehr. Du musst jetzt allein Gehen lernen. Das wollte ich dir schon vor langer Zeit sagen. Es ist Zeit Abschied zu nehmen.
Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen. Dann gehe ich um den Tisch herum und nehme Melchior in meine Arme. Ich umarme ihn, und beginne zu weinen. Dann hebe ich ihn vorsichtig vom Stuhl hoch, und trage ihn zum Balkon hinterm Schlafzimmer. Er leistet keinen Widerstand, als ich ihn über die Brüstung gleiten lasse. Lautlos fällt er nach unten ins Dunkel hinab. Dann höre ich den dumpfen Aufprall im Hinterhof. Als ich wieder hineingehe erschreckt mich ein Schatten. Vor mir steht mein neues Leben. Aus schweren Albträumen erwachend, gehe ich am nächsten Morgen hinunter. Melchior liegt zerschmettert auf den Pflastersteinen. Seine Augen glotzen starr. Ich schleppe ihn zur Mülltonne mit den Sonderabfällen. Ich brauche keine Schaufensterpuppe mehr.

©Friedrich Hucke



Sancho Panzers Tagebuch 5
Flag

SANCHO PANZER BESUCHT GERMANIEN


Neulich, als es meinem Esel wieder mal zu gut ging, wollte er unbedingt aufs Eis. Da die Betonwüsten Spaniens furztrocken und eisfrei waren, buchte unser Meister Don Quijote zwei Billigtickets in einem spaceigen Cybercafé in der Mancha, und wir machten uns schlittschuhbewehrt auf in den eisigen Norden, die Teutonen heimzusuchen, deren Gletscher immer noch kalbten und genügend Eis produzierten, wodurch die Erfindung des Kühlschranks weiter hinausgezögert werden sollte.
Die erste Hürde gab es am Flughafen Valencia zu bezwingen, da ich in den Esel als Handgepäck mitzunehmen gedachte. Die freundlichen Besitzer des fliegenden Supermarktes, die auch noch aus einem einzigen Gramm Übergewicht Millionen Taler herausholen, hatten wirklich an alles gedacht. Deswegen gab es zur Kontrolle ein Metallgestell in Normgröße, in dem ein Handkoffer hineinzupassen hatte. Nachdem wir dabei zusahen, wie überforderte Fluggäste ihre Hineinpressungen auch mittels Arschgewichten zu bewältigen versuchten, und in anderen Fällen mehrere kräftige Personen dazu benötigt wurden, die aufgeblähten Handgepäckkoffer der Gnadenlosigkeit des Prüfgestells wieder zu entreißen, ließ ich ganz einfach die Luft aus meinem von Beate Uhse geprüften Blasesel, und konnte ungehindert den Supermarkt betreten, der so ganz nebenbei erwähnt, tatsächlich auch in die Lüfte abhob, und uns nach Germanien brachte. Während der Landung wehte der teutonische Zeitgeist in Orkanstärke, und hinter uns fiel eine böengeschwächte spanische Wanderarbeiterin namens Jennifer Lopez in eine deutschliche Ohnmacht. Während der Orkan sich daran machte, den geparkten Supermarkt mehr als in der Luft durchzurütteln, erschienen neben unzähligen Rettungswagen des DRK, des Armen Samariterbundes, und des Malteser Hilfshundedienstes, auch die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk, und ebenso zwei Rettungsschwimmer der DLRG, die sich alle erst einmal durch die weiträumigen Absperrmaßnahmen von Hundertschaften der Bundespolizei durchkämpfen mussten, bevor man zur Lebensrettung schreiten konnte. Nach einstündiger Wartezeit, in der die mittlerweile nackte Gastarbeiterin mittels tausendfacher Mund-zu-Mund Beatmung wieder zum Leben erweckt wurde, betraten wir dann endlich germanischen Boden, der uns eisig und immer stürmischer werdend willkommen hieß. Unser Weg führte uns bald westwärts.
An den Straßenrändern spielten Blaskapellen, und Heerscharen leicht geschürzter Regensburger Domspatzen pfiffen das berühmte Lied „ Oh du schöner Westerwald, in deinen Hosen pfeift der Wind so kalt “, während der blökende Orkan weiterhin daran arbeitete, eine Zeitgeistschneise in germanische Urlandschaften zu reißen. Tausende von herabgestürzten deutschen Eichen versperrten uns die Wege, aber dank des Esels konnten wir querfeldein die Eifel, und auch den Westerwald unbeschadet hinter uns lassen. Nahe eines Stromes namens Rhin passierten wir eine verlassene und verwüstete Stadt, in der einst die germanischen Götter hausten, bevor sie ihr Walhalla in einem Sumpfgebiet tief im Osten wieder auferstehen ließen, wo sie jetzt der Kriegerwitwengöttin Merkelosa huldigen. »Sie bleiben was sie waren, gottlose Barbaren«. Diese Runen hieb schon einst der religiös verwirrte Zeitgeistpriester Bon(n)ifaz in den Stammbaum einer deutschen Eiche, bevor ihn die mangelnden Bekehrungsaussichten zur Umkehr zwangen. Oh mein Gott, was für ein merkwürdiges Land dachte ich mir mehr als einmal, auch als ich der riesigen Kolonnen von Arbeitssklaven angesichtig wurde, die der teutonische Volksmund Hartzer Roller nennt, und die im Schweiße ihrer wohl genährten Angesichter dazu gezwungen wurden, weitere kostengünstige neue Autobahnen zu bauen, dass es dem ehemaligen Straßenbaugott Adolfus Schickelgruber eine himmlische Freude gewesen wäre. Meinem Esel wars egal, weils ihm immer noch gut ging, und er auch weiterhin unbedingt aufs Eis wollte. Als wir dann aber feststellen mussten, dass das Eis, das Germanien komplett überzogen hatte, zu dünn und zu brüchig erschien, und uns Millionen von Verbotsschildern vor unbedachtem Tun abhielten, besuchten wir die Frankfurter Eissporthalle, damit er endlich einmal auf solidem Glatteis Pirouetten drehen, und einen doppelten Lutz und Axel springen konnte. So wurde er auf Anhieb, unter der Betreuung eines stasigeprüften Eislauftrainers, deutscher Meister im Paarlaufen, weil in diesem Land einzelne Esel immer auch als zwei Esel durchgehen können. Nach etlichen Tagen des Triumphes, in denen wir uns jahreszeitgemäß durch riesige Berge von Eisbeinen durchfressen mussten, die nur mit saurem Apfelwein hinunter zu spülen waren, nahmen wir noch kurz entschlossen an einigen Umzügen teil, wo kostümierte Narren auf Prunkwagen durch die Straßen schunkelten, obwohl Aschermittwoch schon längst Geschichte war, und es bis Totensonntag noch lange Durststrecken zu überwinden galt. Bis auf den Zustand der Straßen, hinterließ Germanien sicher auch dank des Orkans den Eindruck, den ich vorher bereits befürchtet hatte. Sicher wird es noch sehr lange dauern, bis sich dieses rückständige Barbarenvolk wieder blühende Landschaften gebaut oder erobert hat, mit denen wir trotz unserer Betonwüsten so reichlich in Spanien gesegnet sind. Unser Aufenthalt fand dann leider ein rasches Ende, als mein Esel sich im Frankfurter Zoo in einem Wolfsgehege verirrte, und eine veterinärmedizinische Zollkontrolle zur Reinerhaltung der Arten dazu führte, dass wir beide in Abschiebhaft genommen wurden. Ein letztes Mal wurden wir am Flughafen vor eine harte teutonische Ordnungsprobe gestellt, von der auch wir Spanier ausnahmsweise durchaus profitieren könnten, um ebenfalls wieder ganz vorn im Welttheater mitzuspielen.
Man ahnt es bereits: Auch für den zwangsangeordneten Rückflug stand wieder das berühmte Prüfgestell bereit. Aber damit nicht genug. Daneben stand auch noch ein junger Teutone mit einer Feinwaage, die das Gewicht bis zu drei Stellen hinter dem Komma anzuzeigen bereit war. Da ich den Esel mit Tageszeitungen gefüllt hatte, und auch das Ablassventil leidlich verstopft war, kam es zu einem qualvollen Wiegewettbewerb, dessen erstes Opfer der Esel wurde, der 326 Gramm Übergewicht aufwies. Nachdem ich ihn mehrfach äpfeln ließ, wog er schlussendlich 327 Gramm weniger, und auch die Anweisung die Scheiße umgehend wieder aufzuklauben und wieder in den Esel zu stecken, änderte zwar nichts am Gesamtgewicht des Handgepäcks, aber der Vorschrift war wahrlich Genüge geleistet. So sind die Germanen eben, in all ihrer sinnvollen Sinnlosigkeit, denn Ordnung muss sein, auch wenn es zum Gehirnschlag führen kann. Befehl ist Befehl. Das hat der Teutone schon immer in seinen Genen weitergetragen und verinnerlicht.
Als man uns im Flugzeug die Handschellen löste, blies ich meinen Esel mit Helium auf, und öffnete geradewegs über der Mancha die Tür des Supermarktflugzeuges. Erlöst vom Bösen schwebten wir herab, bis wir uns in den Flügeln einer alten Windmühle verfingen, die einem reisenden Käskopp aus dem Wohnwagen gestürzt war, und in der Mancha Wurzeln geschlagen hatte. Gott sei Dank rettete uns Don Quijote, dem ich als Dankeschön ein außerordentliches Gemälde von einem Maler namens Spitzweg übergab, der den Zustand Germaniens in nur einem einzigen Bild trefflich porträtierte. Später gingen wir dann noch zusammen ein leckeres Eis essen. Meinem Esel wars recht. Besser so, sagte er zu uns, als übers Eis zu schlittern und einzubrechen.

©Friedrich Hucke



Donnerstag, 18. Februar 2010
Sancho Panzers Gedichte
Flag


FÜRBITTE EINES ARBEITLOSEN MESS-E-DIENERS

Die Frankfurter Frühjahrsmesse

Vater unser im Himmel, lizenzfrei werde dein Name.
Das Ramsch-Reich komme, sein Wille geschehe,
wie in China und auch sonst irgendwo auf Erden.
Unser täglich Brot gib uns heute, und vergib ihnen
ihre Produktpiraterie, denn wir brauchen dringend
preiswerte Panzer, Landminen, und Babynachbauten.
Wir sind genug gestraft, original verkrüppelte Kinder
teuer importieren und adoptieren zu müssen.
Wir haben ein Recht auf billige Beinprothesen und
nützliche Ersatzteile wie dehnbare Gummiarschlöcher
und schraubenfreie Gehirnprothesen aus Waschbeton.
Und führe uns nicht in Versuchung, die Originale teuer
mit unseren Steuergelder erwerben zu müssen.
Das wäre ziemlich traurig, denn groß ist das Totenreich,
mit der Kraft billiger Plagiate, in blutender Herrlichkeit,
und in schöner und grauenhafter evolutionärer Ewigkeit.
Amen.

Herr, eine letzte Fürbitte.

Falls es dir möglich ist, lass bitte die Chinesen auch
billige Einwegsärge aus Reispapier herstellen, am
besten süßsauer oder mit Bittermandelgeschmack,
die dazu noch mit köstlichen Glückskeksen und
kostenlosen Lebensversicherungspolicen gefüllt sind.
Trage Sorge dafür, dass ich eine Weltlizenz erhalte,
denn ich will Gutes tun, und mich um Sponsoren
wie Dynamit Nobel und Diehl Munitions kümmern,
die mit ihrer Werbung dazu beitragen könnten, dass
verarmte afghanische Kriegsopferfamilien, ach was
sag ich, alle Familien die in Kriegsgebieten Särge
brauchen, auch in Ausnahmefällen amerikanische,
ihre schuldigen Opfer preiswert bestatten können.
Steh uns bei, Herr, dass es der Weltdummenhilfe
möglich gemacht werden kann, die köstliche Fracht
mit atombombentragenden Rosinenbombern über
den brach liegenden Monopolyfeldern abwerfen zu
lassen, bevor sie sicher in die Gutmenschenländer
zurückkehren, um neue christliche Missionen erfüllen
zu können.
Herr, ich danke dir für deine Anteilnahme und bitte
dich inständig, mir dein Logo ebenfalls lizenzfrei zur
Verfügung zu stellen, dass ich dann in China auf
blei-ch-mittelfreies Toilettenpapier drucken werde,
damit die Welt ein reines Gewissen und ein sauberes
Wohlgefallen an sich selbst haben kann.

Amen.

© Friedrich Hucke


WEIHNACHTSBESCHERUNG IM HEILIGEN DARM


Alle Jahre wieder · Alte Gedichte · G 8 - HEILIGENDAMM 2007

Auf allen Gipfeln ist Ruh · auf allen Gipfeln spürest du · kaum einen Hauch ·
Die Vöglein kotzen schon im Walde · warte nur · bald kotzt auch du

Vor dem Gebrauch der Gedichte befragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker


SCHEINHEILIGENDAMM

Als zur Verminderung
des Zehozweiaustoßes
zehenlose Kinder in
einem Hamsterrad
um ihr Leben strampelten
und der energiegesparte
Heiligenschein fette
Sparwampen erleuchtete
sammelten derweil die
anwesenden Lobbyisten
multinationaler Konzerne
dioxinverseuchte Ölspeisen
Phobal Cocktails und
deutsches Gammelfleisch
für das letzte Abendmahl
der Schweinepriester und
spendeten es gemeinsam
mit UNICEF zusammen
mit vergoldeten Rollschuhen
für die süßen kleinen Krüppel

©F.Hucke


GASTMAHL

Als assimilierte Empfangsnigger
den untertänigen Diener machten
und Servicenigger das Mahnmahl
aus Gänsestopfleber meißelten
und flinke Tellerwäschernigger
das gute Gewissen weichspülten
und sagrotansaubere Hausnigger
die Scheißhäuser aller Ärsche putzten
standen frisch havarierte Boatnigger
an den Müllcontainern hinterm Hotel
Schlange - und stopften sich den
verseuchten Kaviarabfall in ihr schon
lange global entleertes Gedärm
bis sie ihren ächzenden Heiligen Darm
voller Dankbarkeit entluden

©F.Hucke


ROTE LISTE

Als der von der UNO geladene
letzte afrikanische Lippenneger
die versammelte Weltgemeinde
über das baldige Aussterben
seiner Rasse nur nuschelnd
informieren konnte
erschoss man auch den staub
dummen Gebärdendolmetscher
und ließ den Lippenneger
dann von der roten Liste
gefährdeter Tierarten streichen
um dem Napoleon Lippfisch
eine letzte Chance zu geben

©F.Hucke



Sancho Panzers Tagebuch 4
Flag

Neulich, als mein Herr Don Quijote an den riesigen Flügeln der neuen Windkraftanlagen in der Mancha hängenblieb, weil er in seiner Kampfeslust wieder einmal nicht innehalten konnte, und meine Leiter nicht lang genug war, ihn umgehend zu erretten, ritt ich auf meinem Esel durch die Dörfer der Mancha immer weiter gen Norden, um mich nach einer größeren Himmelsleiter umzusehen, mit der ich ihm zu Hilfe zu kommen gedachte. Nach Tagen des Verzichts auf meinen geliebten Wein und Schinken, und auf dem immer schwächer werdenden lahmenden Esel nur noch mühsam vorwärts kommend, ritten wir fern der Heimat durch eine unbekannte und karge Landschaft, in der neben der Einsamkeit, nur Steinhaufen und verdorrte Büsche zu hausen schienen.

Am Abend sahen wir in der Ferne ein Licht leuchten, das meinen Esel und auch mein Herz schneller galoppieren ließ, weil es uns wie ein Zeichen der Hoffnung erschien, ein Nachtlager für unsere müden und erschöpften Häupter zu finden. Bald erblickten wir ein altes Klostergebäude, das von hohen und trutzigen Mauern umschlossen war, und auf dessen Zinnen lanzenbewehrte Landsknechte standen, die ihrer Entschlossenheit mit finsteren Mienen Ausdruck verliehen.
Meinen ganzen Mut zusammennehmend, klopfte ich an die alte Eichenpforte, und beschienen von einer Fackel, öffnete ein alter Mann mit einem sonderlichen grünroten Wams, das mich an ein Narrenkostüm erinnerte, und der statt eines Helmes einen hölzernen Druckstock auf dem Kopf trug, der mit Lederriemen am massigen Kinn befestigt war. Sein Aussehen erinnerte mich ein wenig an das Antlitz eines chinesischen Gesandten, den ich einst mit meinem Herrn auf der Messe in Sevilla getroffen hatte. In seiner rechten Hand hielt er eine neunschwänzige Lederpeitsche, an der Blutreste zu kleben schienen. Während ich an Flucht und an Tod gleichzeitig dachte und mich gruselnd abwandte, hieß er uns dann doch freundlich willkommen, und bot uns Lab und Speis, aber auch ein Nachtlager für mich und meinen Esel an.

Befragt nach dem Namen des Ortes, verpflichtete er uns umgehend zu einem Schweigegelübbde, wenn uns unser Leben lieb wäre. Dieses Versprechen gab ich ihm, und ich konnte es auch meinem Esel abringen, der ansonsten nur schwer von Begriff war, aber dessen Verstand in diesem Moment wie ein Vollmond in dunkler Nacht zu leuchten begann.

Der seltsame Narr ließ uns eintreten, und stellte sich sodann mit seinem klangvollen Namen vor. Er sei der Großmeister des Cervantesordens, und man habe ihn mit seiner Heiligkeit Marcelo Raich-Radici anzusprechen. Er sei die 13. Reinkarnation des 17. Wish Nur Lettera, aus der Wortdynastie des FAZ Mumpitz Meisters Francisco Schirrmah, der wiederum die uneheliche 19.Reinkarnation des Buddha Libro Rohwolto gewesen sei.

Der alte Mann hinterließ mich beeindruckt, und selbst mein Esel ging ehrfurchtsvoll in die Knie, als wir uns anhören mussten, dass man die düstere Stätte, die er Campo Libro nannte, in einer fernen Zeit wohl sicher auch „Bookcamp“ nennen wird, wenn, wie er weiter ausführte, diese verdammten Anglizismen weiter so durch das alte Europa wabern würden. Ich fragte ihn neugierig geworden nach dem göttlichen Auftrage, den es in dieser Klosteranstalt zu erfüllen gälte, und es überfiel mich eine dunkle Vorahnung, vielleicht doch an einen Ort des Entsetzens gelangt zu sein, was mir die sträubenden Nackenhaare meines Esels eindrücklich bestätigten.

Hört, meine Freunde, sagte der Alte im Narrenkostüm, es geht um das dichterische Wort. Und es geht um Verant-wort-ung in jeder nur erdenklichen Form, rief er dann auch noch mit anschwellendem Bocksgesang, jede einzelne wichtige Silbe laut betonend. Wir haben das Konzept von den Scheiß Engländern übernommen, die es drüben auf ihrem verfaulten Eiland „Bootcamp“ nennen, und dort Diebe und anderes Gesindel umerziehen, um sie wieder zu moralisch gefestigten und ehrenwerten Untertanen der Königin zu machen. Wir bearbeiten hier in unserer Zuchtanstalt normalerweise nur junge spanische Dichter, aber jetzt in der Krise nehmen aber auch im Ausland verhaftete Wortholzfäller und Wortverbrecher, die gegen das göttliche Diktat verstoßen haben, Worte mit Verstand und Bedacht zu nutzen, sie in vernünftigen und verständlichen Reihenfolgen zusammenzufügen, auch den Wohlklang und die Weisheit in ihnen innewohnen zu lassen, dass die Menschen ein Wohlgefallen daran haben, um sich beim Lesen ergötzen, und die Inhalte auch mit mäßigem Verstand begreifen können. Diesen Monat, fuhr er fort, haben wir Gefangene aus dem Land der Dichter und Denker. Die deutsche Wortgerichtsbarkeit hat uns haufenweise in den Wortkerker geworfene Nachwuchsdichter überstellt, die es zu züchtigen und umzuerziehen gilt. Sicherlich ist dies die härteste Umerziehung die wir seit Jahren zu leisten haben, und wie zum Beweis schwenkte er die neunschwänzige Wortpeitsche, an denen noch die blutigen Haupthaare des eingekerkerten deutschen Wortnachwuchses zu hingen schienen.

Nachdem wir reichlich gegessen und guten Wein getrunken hatten, führte er uns dann in einen großen Saal, in dessen Mitte ein riesiger, mit Ketten befestigter Kupferkessel von der Decke hing. Unter ihm prasselte ein Feuer, und auf einer Leiter, die von vier Männern gehalten wurde, schwankte ein Koch, der mit einem riesigen Holzspatel in dem Kessel rührte. Das ist das karge Mahl das unsere Delinquenten während ihres Aufenthaltes bekommen, klärte uns der Großmeister auf. Außer Wasser und Brot bekommen sie täglich einmal eine Buchstabensuppe vorgesetzt, die sie aber erst aufessen dürfen, wenn sie ein kleines und schönes Gedicht daraus gelegt, und dabei auch die Regeln der Metrik beachtet haben. In dem nächsten Saal, der sich dem Refektorium anschloss, erwartete uns Grauenhaftes. Ich mag es nicht anders sagen, es war ein herzzerreißender Anblick all diese leidenden blutjungen Geschöpfe zu sehen, die von spärlichem Kerzenlicht beschienen, mit der einen Hand an Eisenringen aufgehängt waren, während sie in der anderen Hand einen Versschmiedehammer schwangen, und wie besinnungslos auf Bleilettersätze einschlugen, die vor ihnen an Ketten von der Decke baumelten.

Dies, sagte der Großmeister, ist die erste Maßnahme um sie zu brechen und in die Erschöpfung zu treiben, vor allem auch um ihnen klar zu machen, wie schwierig es ist, auch nur ein Wort dabei richtig zu treffen. Ich ging die Reihen entlang, und ganz am Ende sah ich zu meiner Verwunderung zwei ebenfalls blutjunge, halbnackte Mädchen, mit Nasenringen und Nägeln in den Zungen, die man an beiden Hände gefesselt, an der Decke aufgehängt hatte. Während ich sie durchaus lüstern betrachtete, gaben sie Wörter von sich, die mein Ohr vorher noch nie erreicht hatten, und die meine Seele zutiefst erschütterten. Sie rezitierten unentwegt Flüche, und der Geifer der ihnen dabei aus den Mundwinkeln troff, schien mehr sexuell als religiös inspiriert zu sein. Arschficken, Votze, Schwanz, schrie die eine, während die andere Muschipisse, Spermapfütze, und mehrfach Wichsarschloch, fast wie einem Duett folgen ließ. Helene, rief der Großmeister angewidert, so zügelt doch endlich eure Zungen. Fick dich ins Knie, du alter Arschficker, schallte es von oben zurück, während es dem Alten die Schamesröte und den Zorn ins Gesicht trieb. Wütend gab er Weisung an einen seiner Schergen, und ließ Fackeln herbeischaffen und den Mädchen unter die Füße halten, deren fäkales Wortimperium nach einigen Minuten in Flammen aufging, während sie unter jammerndem Kreischen um Vergebung bettelten.

Junge Zeitgeistschriftstellerinnen mit sexuellen und kognitiven Dissonanzen, zürnte der scheinbar allwissende Alte immer noch aufgebracht, denen wir das hier brutal auszutreiben gedenken, wie all den anderen auch, die die sich seit einigen Jahren durch das von diesem Shakespeare erfundene Creativ writing, um Kopf und Verstand geschrieben haben. Wir gingen weiter und erreichten einen zweiten Saal, wo schweißüberströmte und blutende junge Männer, mit großen Meiseln Buchstaben in Granitblöcke schlugen, während sie von den Schergen mit den neunköpfigen Wortpeitschen bearbeitet wurden.

Ja, sagte der Großmeister mit einem diabolischen Grinsen, sie müssen erst viel Leid ertragen lernen, und viel Blut muss ins Meer der Tränen geströmt sein, um sie alle zur Umkehr zu bewegen. Aber sie sehen ja selbst, wie hart und unbarmherzig Textarbeit wirklich sein kann. Also lasse ich sie zunächst tagelang das Alphabet in den Stein schlagen, dass sie zumindest dieses erst einmal begriffen haben.

Und, fragte ich ihn, wird man sie von ihren Wortgebrechen befreien können, gibt es da auch eine wirkliche Chance auf Heilung und eine Hoffnung auf Wortumkehr? Wer weiß das schon so genau, sagte der Alte, aber ich zumindest bin guter Hoffnung, dass wir in unserer Zuchtanstalt nicht arbeitslos werden. Nächste Woche haben wir eine Gruppe französischer Jungphilosophen, die irrtümlich annahmen, sie hätten die Revolution herbei geschrieben. Der König von Frankreich hat uns angewiesen, kein allzu großes Federlesen mit ihnen zu machen, und ihnen sowohl die Hände, als auch die Zungen abzuschneiden. Sehen sie, fuhr er fort, dass nenne ich konsequent und ökonomisch. Und das Beste daran wird sein, dass man mir trotzdem die volle Prämie ausbezahlen wird, und dies bei wesentlich geringerem Arbeitsaufwand.

Ich fing an den Großmeister, aber auch den König von Frankreich, ob ihrer Klugheit und Weisheit noch mehr zu bewundern. Fürwahr, was es doch für Möglichkeiten gab, der leidenden Dichtung wieder Respekt und Achtung zu verschaffen. Sicher würde auch die Zeit kommen, dachte ich mir, dass man in der ganzen Welt darüber nachdenken würde, auch auf diese Art eine Bereinigung des Dichterwesens zu erreichen, zumal mein Herr, den ich immer noch hilflos an den Flügeln des riesigen Windrades wähnte, in der Gerüchteküche am spanischen Hofe schon vor langem vernahm, dass viele fremde Länder damit begonnen hatten, Wortdiebe und Wortverbrecher, mit der gerade von den Franzmännern erfundenen Guillotine hinzurichten. Sicher würde dies auch dort die Qualitätsdiskussion noch mehr anstoßen, wie es bei uns hier in Spanien wohl auch notwendig sein würde, soweit ich meinem Herren Don Quijote folgen konnte, der bereits vor einiger Zeit im PEN Zentrum in Madrid einen Vortrag darüber gehalten hatte.

So schlug ich mich dann, angeregt und erschöpft, zusammen mit meinem Esel auf das karge Strohlager, träumte in der Nacht von kopflosen Schriftstellern und Dichtern, die in weißen Gewändern auf Wortfriedhöfen umherwanderten, und ihre Gehirne vor sich her trugen, in den Kerzen steckten, die ein schwaches Licht auf ihr Dasein warfen. Ausgeruht am Morgen erwacht, erzählte mir dann auch mein Esel, dass er ähnliches geträumt habe; nur seien in den offen Köpfen flackernde Teelichter zu sehen gewesen, und an Gehirne könne er sich nicht erinnern. Außerdem habe er ausgehobene Wortgräber gesehen, die mit Wortleichen gefüllt waren, und auch einige Fehlerteufel am Rande, die das Ave Maria ohne die Vokale gesungen hätten. Hast du dich nicht jetzt ein wenig zu weit aus dem Fenster gelehnt, fragte ich noch ganz schlaftrunken meinen treuen Freund, der mit einem entrüsteten „I-A-I-GITT“, antwortete. Nun gut, sagte ich mir, nun mag der Esel im Volksmund ein tumbes Tier genannt werden, aber so dumm kann kein Esel sein, mich, den Wortdiener Sancho Panzer, mit solchen Geschichten hinters Licht führen zu wollen, um dann noch die Gnade einer frischen Möhre zu erwarten.

Wir bedankten uns bei dem Großmeister Marcelo Raich-Radici für seine Gastfreundschaft, und winkten auch den wimmernden und Buchstaben meißelnden Jungschriftstellern genauso freundlich zu, wie auch den peitschenden Schergen, die schon wieder tief in ihre harte Arbeit versunken schienen. Wir wanderten weiter über Stock und Stein, und fanden drei Jahre später, kurz hinter der Abzweigung nach Barcelona, endlich eine Himmelsleiter die lang genug war, meinen Herren aus der Windkraftanlage in der Mancha befreien zu können. Aber es war mir sehr wohl auch klar, dass es ein langer und harter Weg werden würde, da wieder hinzuzukommen, wo wir ursprünglich einmal hergekommen waren.




Sancho Panzers Tagebuch 3
Flag

LEBERKÄSEALARM IN SPANIEN UND DIE MÖGLICHEN FOLGEN



Das spanische Volk muss sich mit einem der schlimmsten kulinarischen Verluste abfinden, die seit der segensreichen Anwesenheit der Legion Condor im Jahre 1936 ein wichtiger Bestandteil der spanischen Esskultur geworden war. Vor einigen Tagen titelten etliche wichtige spanische Zeitungen:
Lidl nimmt deutschen Leberkäse aus dem Sortiment - Spanien bald komplett leberkäsefrei?

Welche besorgniserregenden und dramatischen Folgen dies haben könnte, unter denen vor allem auch Auslandsdeutsche zu leiden haben, spiegelt der Kommentar von Heinrich Gomez wieder, der exklusiv von “El Pais” dazu befragt wurde:

“Erst war die Brezel weg, jetzt ist auch noch der Leberkäse verschwunden. Jetzt ist andere Wurst an des Leberkäs Stelle im Kühlregal. Spanien hat die Vollkrise. Das Leben als Auslandsdeutscher im spanischenen Königsreich wird immer unerträglicher. Dass jetzt ausgerechnet der deutsche Supermarktgigant Lidl uns Deutschstämmige im spanischen Ausland im Stich lässt, kam unerwartet und tut weh.”
“Manchmal bin ich da im Sommer bei 35 Grad hinmarschiert und habe meinen Sack mit Leberkäse gefüllt”, sagte auch ein zweiter Befragter, der Halbschlesier Roberto V. mit feuchten Augen gegenüber “El Pais”, die auch noch weitere deutsche Betroffene aufführten, die sich zu einer Geschädigtengemeinschaft zusammenfinden wollen, um einen Sternmarsch auf die Lidl Zentrale in Madrid durchzuführen. Der spanische Ministerpräsident José Zapatero drückte allen Betroffenen sein tiefstes Beileid aus, und versprach umgehend über die Welthungerhilfe Nachschub zu besorgen, falls die Maßnahmen von Lidl einen früheren Tod deutscher Renter, oder ein Ansteigen der Suizide zur Folge hätte. Der deutsche Außenminister Gildo Dauerwelle bedauerte in einer ergreifenden Ansprache im spanischen Fernsehen, dass das Versagen des Discounters Lidl, aber auch das neuerliche Versagen der spanischen Regierung, fatale Folgen für den Fortbestand der europäischen Gemeinschaft haben könnte, weil der Gemeinschaftsgedanke nunmehr fast endgültig zerbrochen sei.



Letzte Meldung: Als Ausgleich bot der ehemalige zehn Sterne Koch Ferran Adria, dem einst das legendäre “El Bulli” gehörte, und der jetzt für zwei Jahre zum spanischen Ernährungsminister ernannt wurde, der notleidenden Bevölkerung an, das Abschlachten von Kampfstieren zu fördern und zu beschleunigen, weil die dadurch gewonnen Stierhoden, die in Geschmack und Konsistenz dem deutschen Leberkäse sehr ähnlich seien, als vorläufige Notlösung bereit stehen würden.

Um die kulinarische Vielfalt von Stierhoden auch dem frugalen deutschen Leberkäseesser deutlicher zu machen, ließ er über die deutsche Botschaft in Madrid kostenlose Rezepte verteilen, von denen hier eines stellvertretend für tausend andere zur Nachahmung abgedruckt sei:

Gefüllte Bolitas d’ oro mit Helix pomatia, auf Schweinszüngerl
Carpaccio, mit glasierten Zuckerscharlotten!

Dazu nehme man:

4 Stierhoden ( hier bei uns auch Bolitas d’ oro, Criadillas, oder spanische Nieren genannt )
10 frische Helix pomatia mit Gehäuse (Weinbergschnecken) und 20 leere Schneckengehäuse
1 TL geriebenen Trüffel.
1 Schweinszüngerl, frisch
30 Gramm Scharlotten, Porree, Schnittlauch,
Balsamico Essig
Olivenöl
1 Chilischote gehackt, und eine Spitze Basilikum
Rohrzucker
Eine Spitze gemahlener Ingwer
2 Teelöffel Asmonte gerieben
1 Ei

Man legt die gekochten Stierhoden 3 Tage in Balsamicoessig, zusammen mit den Oliven und den anderen Gewürzen ( wegen des besseren Marinierens nicht in den Kühlschrank stellen - aber bitte auch nicht auf die Heizung )

Danach werden die Stierhoden faschiert, mit Trüffel abgeschmeckt, und die feingehackten, in heissem Wasser blanchierten lebenden Weinbergschnecken, mit dem Ei, dem geriebenen Asmonte, und den Gewürzen vermischt und leicht gesalzen, und in die Schneckengehäuser gefüllt, und dann im Backrohr bei 160 Grad für 12 Min. belassen.
Derweil die Scharlotten in Olivenöl glasig dünsten, und mit dem Rohrzucker glasieren.
Carpaccio vom Schweinszüngerl: Schweinzüngerl kochen, einfrieren, und in halbgefrorenem Zustand hauchdünn schneiden,
salzen, pfeffern, und am Teller anrichten. Darauf sofort die glasierten Scharlotten zu den fertigen und gefüllten Schneckengehäusen anrichten und servieren!

¡buen provecho! - Guten Appetit !


Falls damit immer noch nicht genug Hilfe geleistet sein sollte, dürfte dies vielleicht alle fleischkäselosen deutschen Männer in Spanien sicher interessieren, wie man vielleicht jetzt auch der zusätzlich aufgetretenen Vereinsamung der eigenen Hoden am leichtesten entfliehen kann:

Sie haben Deutschland verlassen, um sich im Ausland eine neue Existenz aufzubauen? Sie leben bereits Ihren Traum, wünschen sich aber eine neue Liebe oder sogar die Frau fürs Leben? Dann machen Sie mit bei einem neuen deutschen Fernsehformat und finden Sie Ihre Traumfrau! Wenn Sie interessiert sind, melden Sie sich einfach unter Angabe Ihrer Kontaktdaten bei uns. Gern beantworten wir Ihnen alle Fragen zur Sendung! Wir freuen uns auf Sie!

Auswanderer gesucht
030/ 3940 48 540
casting@mme.de
MME Me, Myself & Eye Entertainment GmbH
Gotzkowskystraße 20/21 | 10555 Berlin | Germany